Autor

Tabea Böhler

Fitness, 20. Oktober 2021

Ernährungsmedizinerin, Trainerin für EMS & HIIT-Workouts und leidenschaftliche Sportlerin.


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Frau beim Start eines Sprints

Schnelligkeitstraining – Wie wird man ein guter Sprinter?


Sprinten ist nicht nur etwas für Leichtathleten. Auch viele Ballsportler müssen immer wieder kurze Strecken in möglichst hohem Tempo zurücklegen. Geschwindigkeit spielt eine Rolle in fast jeder Sportart. Ein schneller, explosiver Angriff, der den Gegner kalt erwischt, kann den Ausschlag für den Sieg geben. Ob man Schnelligkeit trainieren kann und wie ein effektives Schnelligkeitstraining aussieht, erfährst du in diesem Beitrag.

Fakten zum Sprinten: Wer ist der Schnellste?

Im Jahr 2009 stellte Usain Bolt in Berlin mit 9,58 Sekunden einen neuen Weltrekord im 100-m-Lauf der Männer auf – Spitzengeschwindigkeit: 44,72 km/h. Bei Frauen gilt Florence Griffith-Joyner seit ihrem Lauf in Indianapolis, 1988, mit einer Spitzenzeit von 10,49 Sekunden bzw. 34,31 km/h Top-Speed als ungeschlagen.

Aber nicht nur klassische Sprintsportler bringen Spitzengeschwindigkeiten auf den Platz. Auch beispielsweise Fußballer müssen immer wieder über kurze Strecken sprinten. Aktuell ist Jeremiah St. Juste vom FSV Mainz 05 mit 36,63 km/h nicht nur schnellster Spieler der Bundesliga Saison 2021/22, sondern auch neuer Rekordhalter.

Kann man Schnelligkeit trainieren und wie wird man schneller?

Schnelligkeit kann man trainieren. Man schätzt, dass ein Athlet durch das richtige Training um etwa 10–15 % schneller werden kann.

Der Ausspruch “Zum Sprinter wird man geboren, zum Ausdauersportler gemacht.” ist trotzdem bedingt wahr. Im Vergleich zur Ausdauer, kann die Schnelligkeit nämlich weitaus weniger stark gesteigert werden. 

Das liegt zum Teil an der Muskelfaserzusammensetzung, die zu einem großen Teil erblich vorgegeben ist. Marathonläufer haben z. B. eine hohe Dominanz an langsamzuckenden ST-Fasern, bei Sprintern dominieren die schnellzuckenden FT-Fasern. 

Kann sich die Zusammensetzung der Muskulatur ändern? 

Jain. Zwar zeigen experimentelle Untersuchungen, dass eine Umwandlung der Fasertypen in beide Richtungen (ST zu FT und FT zu ST) möglich ist, jedoch scheitert die Umwandlung von ST zu FT in der Praxis.

Zwischen den Trainingseinheiten würden die ST-Fasern unweigerlich wieder unter der für sie typischen niederfrequenten Dauerstimulation stehen. Das macht den Umpolungseffekt zunichte. Zusammengefasst bedeutet das, dass Sprinter durch ein entsprechendes Training zwar akzeptable Ausdauerleistungen erreichen können, Marathonläufer aber kaum gute Sprintleistungen.

Frau in Startposition, jemand hält eine Stoppuhr parat.

Welche Faktoren spielen beim Sprinten eine Rolle?

Für die Schnelligkeit spielen neben der Muskelfaserzusammensetzung weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Hierzu zählen:

  • die neuronale Ansteuerung der Muskulatur
  • die Kraftfähigkeit der Muskulatur
  • die Spannungsfähigkeit der Muskulatur

Triple Extension: Das Zusammenspiel der Kräfte

Schon einmal von der Triple Extension gehört? Das ist die gleichzeitige vollständige Streckung (Extension) in den drei Hauptgelenken der unteren Extremitäten (Sprunggelenk, Knie und Hüfte) und ein immens wichtiger Ansatzpunkt für Schnelligkeitsübung.

Im Zusammenspiel generieren die Extensionsbewegungen in Sprunggelenk, Knie und Hüfte eine massive Menge an Kraft. Bei guter Abstimmung kann diese effektiv auf die Bewegungskette übertragen werden. Je stärker der Krafteintrag dabei an den einzelnen Gelenken ist, desto größer wird der Übertrag und desto kraftvoller die gesamte Bewegung. Beim Laufen bedeutet das eine höhere Beschleunigung oder Geschwindigkeit.

Übungen, bei denen eine kraftvolle Triple Extension trainiert wird, sind z. B. Kniebeugen oder Kreuzheben. 

Warum du deine Maximalkraft steigern solltest

Grundübungen wie diese haben zudem einen anderen Vorteil für das Schnelligkeitstraining: Mit ihnen lässt sich die Maximalkraft steigern. Diese hängt eng mit der Schnellkraft zusammen und ist überall da wichtig, wo es in möglichst kurzer Zeit eine möglichst hohe Endgeschwindigkeit zu erreichen gilt.

Deshalb greift gutes Schnelligkeitstraining auch auf Methoden aus dem Kraftsport zurück. Durch das Training deiner Maximalkraft, lernt dein Körper schnell möglichst viele motorische Einheiten auf einmal zu rekrutieren. Dadurch steigerst du dein Kraftpotential und schulst deinen Körper darin, schneller maximale Kraft zu erzeugen. Besonders relevant ist hier die Kraft in den Kniebeugern, Hüftstreckern (ischiocrurale Muskulatur) und Gesäßmuskeln.

Die besten Übungen im Kraftraum für schnellere Sprints

Um dein Schnelligkeitstraining im Kraftraum optimal zu unterstützen, bieten sich folgende Übungen an:

  • Kniebeuge (Squats)
  • Kreuzheben (Deadlifts)
  • Kniebeuge im Ausfallschritt (Split Squats)
  • isoliertes Beinbeugen
  • Reißen (Snatch)
  • Umsetzen (Clean)
  • Kettlebell Swings

Mache dabei 4–5 Sätze zu je 1–3 Wiederholungen.

Falls du dich nicht in einem Fitnessstudio anmelden möchtest, gibt es mittlerweile auch ganz viele Übungen, die sich ebenso zuhause prima umsetzen lassen. Das nötige Equipment dafür findest du: hier.Werbung

Die Grundlage: Was ist mit Technik?

Kraft ist natürlich nicht alles. Ohne die richtige technische Basis wird auch ein noch so starker Athlet kein sonderlich schneller Kurzstreckenläufer sein. Er muss sein Kraftpotential auch einzusetzen wissen.

Beim Start eines Laufes muss mehr Kraft nach vorne (horizontal) entwickelt werden. Im vollen Tempo wird die Kraft nach oben (vertikal) bedeutsamer. Man spricht hier auch von horizontaler Kraft während der Beschleunigungsphase und vertikaler Kraft beim Erreichen der Höchstgeschwindigkeit. Hast du schonmal professionelle Sprintsportler bei ihrem Lauf genau beobachtet? Dort kann man das sehr gut nachvollziehen: Beim Start lehnen sie sich nach vorne, während sie während des Laufes kerzengerade sind. Hiervon lassen sich wertvolle Tipps für eine bessere Technik ableiten:

Tipps für richtige Ausführung

Beim Start

Mann in den ersten Sekunden nach Start eines Sprints.

Tipp #1: Lehn’ dich nach vorne!

Um optimal beschleunigen zu können, solltest du deinen Körper nach vorne in Laufrichtung lehnen. Dadurch erzeugst du einen kraftvolleren Abdruck nach hinten. Actio gleich Reactio: Je mehr Kraft du auf den Boden bringst, desto größer ist dessen Wirkung. Hier ist die Wirkung der Vortrieb. Achte zudem darauf, deinen Kopf in neutraler Postion in Verlängerung der Wirbelsäule zu halten.

Tipp #2: Nimm deine Arme mit!

Kräftige Armbewegungen unterstützen die Beschleunigung. Hierdurch werden muskuläre Ketten im Körper angestoßen, die sich letztendlich auf den Bodenkontakt übertragen.

Tipp #3: Setze Trippelschritte!

Starte mit möglichst flachen Schritten. Das heißt: Hebe die Füße nur minimal vom Boden ab, deine Knie heben sich nicht wesentlich. Setze außerdem während der ersten 1-3 Schritte die Füße hinter dich auf den Boden. 

Während des Sprints

Frau während eines Sprints auf der Laufbahn.

Tipp #1: Mach dich gerade!

Je länger der Lauf bei Top-Speed dauert, desto aufrechter sollte deine Körperhaltung werden.

Tipp #2: Setze lange Schritte!

Gute Sprinter machen lange Schritte. Aber übertreib es hier nicht! Versuche natürlich zu laufen.

Tipp #3: Nimm deine Arme mit!

Hier gilt das gleiche wie beim Start. Achte darauf, dass die Bewegungskette stimmt: Deine Arme sollten auf keinen Fall unkoordiniert um dich herum schwingen, sondern immer schön geführt nach hinten-unten.

Du willst noch mehr wissen? Weitere Tipps zum Thema Schnelligkeit (inklusive Richtungswechsel und alle technischen Hintergründe) findest du in unserer Athletiktrainer Ausbildung

Schnelligkeitstraining: Technik und spezifische Übungen

Neben solch einfachen Tipps, spielt sprintspezifisches Techniktraining eine wichtige Rolle. Hier gibt es eine Reihe an bewährten Methoden, die sich mit oder ohne Equipment durchführen lassen. Dabei liegt der Fokus auf einer sauberen Technik und/oder dem Abrufen der maximalen Geschwindigkeit.

Nachfolgend stellen wir dir fünf Methoden vor, die du ganz einfach in dein normales Techniktraining einbauen kannst. Achte dabei darauf, dich vorher ausreichend aufzuwärmen. Starte mit 5–10 Minuten lockerem Einlaufen und einem dynamischen(!) Stretching. 

1. Lauf-ABC

Um deine Lauftechnik nachhaltig zu verbessern, solltest du regelmäßig Übungen aus dem Lauf-ABC in dein Sprinttraining einbauen. Durch sie schulst du nicht nur deine Technik, sondern steigerst auch deine Schrittfrequenz. 

Zu den wichtigsten Übungen für Sprinter gehören:

  • Fußgelenkarbeit
  • Hot Steps
  • Kniehebelauf
  • Anfersen
  • Hopserlauf

… sowie Kombinationen daraus.

Wichtig: Führe alle Übungen mit extra sauberer Technik aus. Dein Fokus muss ab der allerersten Wiederholung voll auf der richtigen Ausführung liegen. Die Geschwindigkeit spielt hier noch keine Rolle. Erst ab der zweiten/dritten Wiederholung ziehst du das Tempo an – aber nur so weit, wie es dir maximal möglich ist, ohne dass deine Technik darunter leidet.

2. Steigerungsläufe

Spezifisches Training ist immens wichtig. Sprints trainiert man, indem man sprintet. Eine Übung für tatsächliches Sprint Training sind daher Steigerungsläufe.

Hierbei startest du mit niedrigem Tempo. Nach einem vorgegebenen Streckenabschnitt von beispielsweise 10 Metern beschleunigst du etwas. Nach weiteren 10 Metern legst du nochmal einen Zahn zu und nach den nächsten noch mehr – bis du schließlich deine maximale Laufgeschwindigkeit erreicht hast. Alternativ beschleunigst du immer nach einem festgelegten Zeitabschnitt. 

3. Fliegende Sprints

Eine gute Alternative zu Steigerungsläufen sind die sogenannten fliegenden Sprints. Bei dieser Übung startest du in einem mäßigen 10–20 Meter langen Anlauf, von dem du dann blitzartig in einen Sprint über 10–60 Meter übergehst.

4. Sprints mit Widerstand

Beim Sprinten mit Widerstand lernt dein Körper höhere Kräfte in kurzer Zeit zu mobilisieren. Die verbesserte Fähigkeit zur Kraftproduktion sollte zu einer besseren Top-Geschwindigkeit führen. Möglich sind:

  • Zugschlitten ziehen
  • Laufen mit Bremsfallschirm
  • Laufen mit Widerstandsbändern und Partner
  • Bergläufe

Dabei ist wichtig, dass die Widerstände nicht zu groß werden, sonst können die Bodenkontaktzeiten derart abweichen, dass der Trainingsreiz zu unspezifisch für den Sprint wird. Infolge bleibt der gewünschte Trainingseffekt aus.

5. Supramaximales Sprinten

Auch supramaximales Sprinten – d. h. Sprinten mit schnellerem Tempo, als man es eigentlich willkürlich könnte – führt zu gewünschten Anpassungen im Bereich der Schnelligkeit. Ermöglicht wird das überhöhte Tempo, indem du einen Berg hinunter sprintest oder durch einen Partner gezogen wirst.

Achte während des Trainings auf ausreichende Pausen. Alle Bewegungen im Techniktraining sollten mit maximaler Intensität und höchster Konzentration ausgeführt werden. Das bedeutet, dass du dich vor jedem Durchlauf vollständig erholen solltest. Als Faustregel gilt: Eine Minute Pause je 10 Metern zurückgelegter Strecke in Maximalgeschwindigkeit. Nach einer Serie von Läufen erfolgt eine längere Pause entsprechend der vorgenannten Regel. 

Du hast keine Kraft mehr? Sobald du die Geschwindigkeit nicht mehr halten kannst oder deine Technik sich verschlechtert, ist es Zeit die Übung abzubrechen und zum Cool-Down überzugehen!

Nach so einer fordernden Einheit solltest du locker auslaufen und deine Beine stretchen. Das nächste Training sollte erst nach einer ausreichenden Regenerationszeit von 48 Stunden, besser 72 Stunden, stattfinden. Diese Zeit braucht dein Körper für Reparatur- und Anpassungsprozesse. Und du brauchst sie, um auch beim nächsten Schnelligkeitstraining wieder voll fokussiert sein zu können. Mehr zum Thema Regeneration kannst du hier nachlesen.

Quellen

Sanding, D. (2021). Schnelligkeitstraining komplex: So verbessern Sie Ihre Schnelligkeit!Abgerufen 07. Okt 2021 von: https://www.trainingsworld.com/training/schnelligkeitstraining/grundlagentraining-verbessern-ihre-schnelligkeit-komplex-2789577#prettyPhoto

Steinmann, P. (2021). Alphonso Davies übertroffen: Jeremiah St. Juiste von Mainz 05 stellt mit 36,6 km/h neuen Geschwindigkeitsrekord auf. Abgerufen 08. Okt 2021 von: https://www.eurosport.de/fussball/bundesliga/2021-2022/st.-juste-davies-rekord-geschwindigkeit_sto8571448/story.shtml

Guinness World Records Limited (2021). Fastest run 100 metres (female). Abgerufen 10. Okt 2021 von: https://www.guinnessworldrecords.com/world-records/fastest-run-100-metres-(female)

World Athletics (2021). World Athletics Championships Berlin Olympiastadion. Final. 100 Metres Men. Abgerufen 10. Okt 2021 von: https://www.worldathletics.org/competitions/world-athletics-championships/12th-iaaf-world-championships-in-athletics-6998524/results/men/100-metres/final/result

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Schlagwörter:
Fitness-Tipps

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2 Kommentare

Mila sagt:
28. Februar 2024

Ich habe diese Seite gesehen und würde sie jetzt sehr gerne ausprobieren. Generell liebe ich den Sprint und hab mich nach Möglichkeiten umgesehen, meinen Sprint zu verbessern. Ich werde das jetzt ausprobieren und wenn ich Veränderungen bemerke werde ich Kommentare hierzu hinzufügen. Aber schonmal im Voraus: Ich bin 12 Jahre alt, 1,69 cm groß und mein derzeitiger Sprint aus 50 Metern liegt bei 08,4 Sekunden.

Antworten
Klaus Wolf sagt:
30. Oktober 2022

Könnte die auch durch Schlagzeug-spielen (Arme/Hände und/oder Doppelpedal bei der großen Trommel) gefördert werden?

Antworten

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